Steht die Sintflut umittelbar bevor?

[Franz-Joseph von Schnabel]

Werte Herren,
mein Fahrzeug ist mittlerweile seefest, die vollständige Überflutung kann in ihre letzte Phase eintreten.
Allerdings gibt es nun eine Bewegung redlicher Christen, welche diese gewaltige Katastrophe doch noch aufhalten möchten, und zwar mit dem einzig wirkungsvollen Mittel, das uns zur Verfügung steht: Dem Gebet zu HERRn!
Was halten Sie von folgender Initiative: Redliche Christen retten die Welt.
Sollten wir uns anschließen?
Entschlossen zum Rosenkranz packend,
Schnabel

[A. Grillmeister]

Verehrter Herr Schnabel,

Auf jeden Fall sollten wir uns anschließen. Jedes noch so kleine Gebet ist ein gewaltiger Schlag gegen das Hochwasser und eine riesige Hilfe für die Betroffenen.

[Franz-Joseph von Schnabel]

Hoch geschätzter Herr Grillmeister,

vielen Dank für Ihr engagiertes Mitbeten! Zwar steigen die Fluten noch immer an, aber der HERR sendet in seiner übergroßen Gnade bereits die ersten tröstenden Sonnenstrahlen.
Überall finden sich fromme Menschen zur Zwiesprache mit dem HERRn und der heiligen Gottesmutter Maria.
Möge der HERR unser Flehen erhören!
Still betend,
Schnabel

[Opa Rauschebart]

Werter Herr Schnabel!

Selbstverständlich werde ich auf Ihrer Arche mitfahren, so Platz für meinen tonnenschweren gepanzerten Kettenrollstuhl ist. Wir sollten die Elbe entlang schippern, lautstark beten und den HERRn lobpreisen. Dies ist die einzige Möglichkeit, die Schleusen des Himmels zu schliessen und das Hochwasser zu Fall zu bringen, die Betroffenen durch unsere Gebete und Gesänge zu trösten und zu motivieren. Ein formidabler Nebeneffekt ist, die Bekehrung der Ungläubigen, welche gerade in den mitteldeutschen Gebieten exorbitant hoch ist.

Die Fischermütze aufsetzend und Hosianna in der Höh' trällernd

Opa Rauschebart

[Franz-Joseph von Schnabel]

Sehr geehrter Herr Rauschebart,
Ihr knorker Vorschlag erfüllt mich mit großer Freude.
Ich werde den begnadeten Navigator, Herrn Berger bitten, den Kurs ostwärts, durch die Saale, in die russische Zone zu berechnen. Wenn der HERR den Pegelstand noch ein wenig erhöht und töfte Winde sendet, kann es uns gelingen, die erwähnten Gewässer zu erreichen. Dort angekommen, wird Ihr keuscher Gesang seine löbliche Wirkung tun.
Die Segel setzend,
Schnabel

[Pater Aloisius]

Werte Gemeinde,

Wie Sie sicher in zahlreichen Mittlern (unredl. Medien) verfolgt haben, werden weite Teile Europas von einer schrecklichen Flutkatastrophe bedroht. Betroffen sind vor allem der Süden und der Osten Deutschlands, sowie Österreich, Tschechien, Ungarn und die Ukraine. Auch unser kleines Dorf blieb nicht von den gewaltigen Wassermassen verschont. Zahlreiche Keller wurden geflutet und ganze Grundstücke fielen den Wassermassen zum Opfer. Mit dem Fortschreiten der Tage, stieg auch der Wasserpegel unermüdlich an. Schließlich hatte das Wasser den historischen Ortskern erreicht. Die Grundschule, die Landesmusikschule, der Kindergarten, sowie das Altersheim, das Gemeindeamt und das Gemeindehaus wurden Opfer der Wassermassen. Lediglich die Kirche wurde von den Fluten verschont. Als ob der HERR seine schützende Hand über die Kirche gehalten hätte, wichen die Wassermassen zurück. Nun ist die Kirche das einzig unversehrte Gebäude im Ortszentrum und mir wird immer klarer, dass dies zum Plan des HERRn gehört.

Für mich könnte es klarer nicht sein: Der HERR hat diese Flut gesannt, um den Menschen für seinen Hochmut zu bestrafen! Der HERR zürnt uns, wegen der säkularen Regierungen, welche nicht den Vorstellungen des HERRn entsprechen. Außerdem verkommt unsere Gesellschaft immer weiter. Zurückzuführen ist dies nicht nur auf die verlotterte Jugend, sondern auch auf alle gottlosen Menschen, welche ein überschwängliches Leben führen und der Völlerei frönen. Der HERR hat nun diese Flut gesandt um all die Gottlosen, Hanf- und Kräckabhüngigen, sowie die Alkoholabhängigen, die Felsmusikhörer und klebstoffschnüffelnden Hipf-Hüpfer vom Antlitz der Erde zu waschen. Lediglich der gottesfürchtige bleibt verschont. Die hohe Zahl der Opfer in Tschechien ist wohl auf den übermäßigen Alkoholkonsum dieser zurückzuführen. Dass mein bescheidenes Heim bisher verschont wurde gibt mir zuversicht, dass der HERR mir wohlgesonnen gegenübersteht.

All die Opfer in meine Gebete einschließend,
Pater Aloisius

[Martin Berger]

Werte Herren,

der HERR ließ sich durch unsere Gebete milde stimmen und senkte in Österreich und Süddeutschland die Pegelstände der Flüsse bereits deutlich. Womöglich schenkt uns der HERR in seiner unendlichen Gnade und Güte noch ein paar weitere Wochen, in denen wir armen Sünder unsere Sünden aufrichtig bereuen können. Gelobt sei der HERR!

Dankbar für jede Sekunde,
Martin Berger

[Bruder Reiner]

Seht, die Holländer sind gerüstet:
http://www.spiegel.de/fotostrecke/nachb ... 71533.html

[Franz-Joseph von Schnabel]

Werter Herr Reiner,
zwar sind die Bemühungen der Holzschuhträger in diesem Falle löblich, aber ich fürchte der HERR wird wenig Gnade zeigen, was die Hanfgiftverbrecherbande betrifft.
Zweifelnd,
Schnabel

[Martin Berger]

Werter Herr Schnabel,

im Falle der Holländer wird der HERR zunächst nicht strafend eingreifen, denn bekanntermaßen sind sämtliche Einwohner der Niederlande drogensüchtig. Wenn das Gras aufgeraucht ist, werden sie das Holz der Arche aufrauchen und so Planke um Planke entfernen, bis sie schließlich jämmerlich ersaufen und zur Hölle fahren.

Anmerkend,
Martin Berger

[Bruder Reiner]

Alle Niederländer sind süchtig? Potzblitz, das war mir nicht bekannt! Warum sendet der Herr dann keine Flut nach Holland?

Den holländischen Exodus erwartend,
Bruder Reiner

[Martin Berger]

Herr Reiner,

haben Sie Geduld! Schon bald wird das Land versinken.

Abwartend,
Martin Berger

[Adalbert Aufklerus]

Werte Herren,

so wie es scheint, wartet der HERR noch etwas mit der Sintflut.
Könnten Sie mir dennoch sagen, ob Sie mit Ihrer Arche auch bei Münster vorbeikommen, um mich und meine Familie mitzunehmen?
Ich würde Sie alle hier gerne persönlich kennen lernen und was wäre ein besserer Zeitpunkt als der Tag, an dem die Erdenscheibe von allen Sündigern befreit wird?

Hoffnungsvoll wartend,
Adalbert Aufklerus

[Franz-Joseph von Schnabel]

Werter Herr Aufklerus,
wie Sie bereits richtig erkannten, hat der HERR die Menschenkinder vorläufig verschont.
Damit erübrigt sich diese Rettungsfahrt für den Moment.
Dankgebete sprechend,
Schnabel