Besuch auf dem Friedhof

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Friedbert Fischer
Stammgast
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Registriert: Mi 6. Jan 2010, 02:40

Besuch auf dem Friedhof

Beitrag von Friedbert Fischer »

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin heute nach Dienstschluss einmal über den hiesigen Friedhof gewandelt. Ich muss gestehen, ich mag Friedhöfe und zur Entspannung gehören bei mir auch ausgedehnte Spaziergänge. Wann man das Knirschen des Schnees unter den Schuhsohlen ignoriert, hört man nur die Vögel und das Knacken weniger Äste im Wind.

Ich hatte mein Mobiltelefon dabei, also habe ich mir gedacht, ich fange ein paar Eindrücke für Sie ein.

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Hier das Denkmal eines großen Eisenbahnunglücks, bei dem viele Kinder ums Leben kamen. Die Gräber sind durch den Schnee verdeckt.

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Als Motiv diente mir hier der Engel inmitten eines Waldstücks. Er zeigt dem Wanderer die kalte Schulter und hat etwas Geheimnisvolles, wie ich finde.

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Ein Blick durch die Bäume zeigt auf beiden Seiten vereinzelte Gräber. Die winterliche Landschaft trägt meiner Meinung nach zu einer seltsamen Ästhetik bei.

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Dies ist das letzte Bild.

In diesem Zusammenhang möchte ich einmal etwas erklären: Ich glaube zwar nicht an einen Gott, jedoch finde ich, dass die Religion etwas absolut Gutes ist. Sie hilft vielen Menschen, im Leben einen Sinn zu finden. Und gerade auf dem Friedhof kann man erkennen, dass sie auch hilft, Trauer zu überwinden und nach vorne zu schauen. Ich bin mir sicher, dass es viele Leute gibt, welche vor dem Grab eines Geliebten Menschen schon zu Gott gefunden haben. Mir blieb das bisher erspart.

Mit freundlichen Grüßen

Friedbert Fischer
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Sören Korschio
Lehrmeister
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Re: Besuch auf dem Friedhof

Beitrag von Sören Korschio »

Werter Herr Fischer!

Eine beeindruckende Bilddokumentation. Auch ich werde demnächst Bilder vom Friedhof meiner Pfarre schießen und sie Ihnen hier zur Verfügung stellen.

Sie sind ein beeindruckender Mann von großartigen, philosophischen Kapazitäten. Umso trauriger macht es einen, wenn man bedenkt, dass viele, der heutigen Jugendlichen, sogar zu dumm dafür sind, überhaupt so alt zu werden, wie Sie - womit wir wieder bei den Friedhöfen wären.

Weinend,
Sören Korschio
"Die Jugend will Keile!" - Prof. Martin Zahnbeisser
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L. Ziffer
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Registriert: Mi 6. Jan 2010, 23:33

Re: Besuch auf dem Friedhof

Beitrag von L. Ziffer »

Auch ich möchte Ihnen, lieber Herr Fischer, zu der beeindruckenden Motivauswahl gratulieren. Sie haben ein hervorragendes Auge für die Ästhetisch-geheimnisvolle Aura, die diesen Ort zweifellos umgibt. In unserer Region ist es leider üblich, das Friedhöfe generell sehr wenig Bäume beherbergen. Dies finde ich sehr schade, geben diese dem Trauernden doch eine Art Schutz vor ungewollten Blicken und Lärm. Ich empfinde Trauer um einen geliebten Menschen als ein sehr intimes Gefühl, welches ich ungern mit fremden Menschen teilen möchte. Von daher finde ich die Anlage, die Sie heute besuchten sehr schön und friedlich.
Nachdenkliche Grüße,
Ihr L. Ziffer
Die Homo-Ehe ist ein Schachzug des Teufels!
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Friedbert Fischer
Stammgast
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Re: Besuch auf dem Friedhof

Beitrag von Friedbert Fischer »

Werter Herr Korschio, werter Herr Ziffer,

ich möchte mich erst einmal recht herzlich für das Lob bedanken. Die Idee entstand, wie bereits geschrieben, aus einer Not. Daraus machte ich eine Tugend: Spazieren. Ich mag es, über Friedhöfe zu wandeln. Nirgendwo ist solch ein Ort, bei welchem man dermaßen vielen Schicksale sieht. Sei es Altersschwäche, Unfall oder Kriegsfall.

Die Tatsache, dass es sich um einen großen Friedhof handelt, macht diesen Garten zu einem großen Wald mit vielen Kreuzen. Leider sind viele davon viel zu früh gegangen. So stand auf einem Stein 1898 - 1942, ein Gefallener aus dem II. Welkrieg. Sehr anonym, niemand weiß, wo er gefallen ist oder wie er zu Tode gekommen ist.

Ich habe aus Respekt vor der Totenruhe keine Aufnahmen von einzelnen, neueren Grabsteinen gemacht. Den plötzlichen Kindstot muss man nicht protokollieren.

Ansonsten gehe ich gern einmal die Strecke, da hier absolute Ruhe herrscht und man entgegenkommende Menschen grüßt, ohne dass man sie kennt. Das ist eine Frage der Pietät. Und dies wird auch praktiziert.

Das moderne Schild "Krematorium" mit Richtungspfeil habe ich bewusst nicht aufgenommen, da es nicht in die allgemeine Szene gepasst hätte.

Einst hat Herr Ulbricht kondoliert, das war nach dem schwersten Zugunglück der DDR am 6. Juni 1967. An dieser Stelle entstand das erste Foto. Man schätzt, dass über 90 Kinder auf der Fahrt von Magdeburg nach Thale verbrannt sind. Selbst beim Anblick der überschneiten Felder kommen einem hier Gedanken, welche vor einer nächsten Zugreise abraten, auch wenn die Technik schon einen hohen Sicherheitsstandard gewährt.

Abschließend lässt sich sagen, dass an jenem Ort des Friedens der Glaube an Gott vielleicht etwas leichter fällt, als es jemals im Alltag passieren könnte. Sollten Sie einmal über den Garten den Friedens laufen, so können Sie ja eventuell auch ein paar Eindrücke dokumentieren.

Mit freundlichen Grüßen

Friedbert Fischer
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